Anna Rippert – Im Bunker verschüttet / Tondokument Zeitzeugenbefragung zu Fulda im 2. Weltkrieg

Arbeitsmaterial zur Unterrichtsreihe: Unsere Heimat – Landkreis Fulda
Zeitzeugenbefragungen 2. Weltkrieg und Nachkriegszeit in Fulda

Anna Rippert – Im Bunker verschüttet

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Nachfolgend eine Auflistung der Kapitel und, wenn verfügbar, die gesprochenen Texte zum mitlesen.
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Vorwort

Bombenangriffe auf Fulda im Zweiten Weltkrieg

 14 Bombenangriffe flogen die Alliierten 1944/45 auf Fulda. Die meisten galten den Bahnanlagen und forderten 1.594 Opfer. Den schwersten Angriff musste die Barockstadt am 27. Dezember 1944 erdulden. Er brachte allein 775 Menschen zu Tode, davon 707 im so genannten Krätz-(Grezz-)bachbunker. Dieses etwa 400 m lange Bauwerk befand sich unter den Gleisanlagen des Verschiebebahnhofs und war ein von den Mehlerwerken behelfsmäßig als Luftschutzstollen ausgebauter Wasserdurchlass. Am Katastrophentag trafen die Bomben den westlichen Ausgang („Mehlerausgang“) und die Mitte des Stollens. Bald 900 Menschen saßen verschüttet in der Falle. Die meisten erlitten einen qualvollen Erstickungstod, nur ca. 150 Eingeschlossene konnten gerettet werden. Unter ihnen befand sich unsere Zeitzeugin, eine damals 23 Jahre alte Näherin der Firma Mehler.
Zur weiteren Information: Günter Sagan: Fulda im 2. Weltkrieg, S. 28-42 (Schülerarbeitsheft), S. 33-39 (Lehrerheft).
Günter Sagan: Die Bevölkerung hatte Verluste, Fulda ²1995, S. 170-205.
Geschichte der Stadt Fulda, Bd. II. Fulda 2008, S. 191 ff.

Im Bunker verschüttet

Die Befragung von Frau Anna Rippert fand am 19. Juli 1984 in Petersberg-Marbach statt.

Das Interview wurde von Günter Sagan durchgeführt, sowie wissenschaftlich und didaktisch aufbereitet. Die technische Unterstützung erfolgte durch das Medienzentrum Stadt- und Kreisbildstelle Fulda.

1. Im Bunker verschüttet

1.1 Verhalten bei Fliegeralarm

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Interviewer: Was haben Sie getan, wenn Fliegeralarm gegeben wurde?

Anfangs sind wir ins freie Gelände gesprungen. Zwei sind nach Kohlhaus zu und immer ins freie Gelände, weil ja kein Bunker und nichts da war. Und dann sind wir, also, am 27. Dezember hatte ich auch Tagschicht, und dann sind wir, weil es Spurschnee war, sind wir in den Mehlersbunker gegangen, den eigentlichen Krätzbachbunker. Und da ging das so breit, wie so 1,50 Meter breit also über die Krätzbach, und da waren so Dielen gelegt, und oben war Licht, und da sind wir da rein.

1.2 Beschreibung des „Bunkers“

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Interviewer: Und der war unter den Bahnanlagen?

Ja, unter der Bahn ging der durch von Mehler bis hinüber bei die Krätzmühle [Bachmühle/Richtung Künzell]. Und da sind wir rein, und da war auf einer Seite so hoch, so einen halben Meter hoch, da waren Bretter drübergelegt. Auf der anderen Seite war wie so ein Kniebänkchen so. Und da war so ein Bänkchen, und da haben wir gesessen. Also ging es ein ganzes Stück, sind wir hingelaufen, und bis da ein Platz war, haben wir uns gesetzt. Und da hab ich unten an dem kleinen Bänkchen da gesessen und neben mir fünf Stück von meiner Abteilung direkt, wo ich gut gekannt hab. Nun ja, da sind wir immer noch weiter und weiter gelaufen, bis hinten immer weiter, die wo noch kommen.

1.3 Das Bombardement und seine Folgen

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Auf einmal ging´s los, da hat es die Schläge getan. Nun ja, und da haben wir zwischendurch gebetet. Und bis wir uns einigermaßen wieder beruhigt waren, dann ging es wieder los. Und so wievielmal das nun gegangen hat, dass das die Bomben geworfen hat, das weiß ich auch nicht genau. Auf jeden Fall war das vielmal. Auf einmal da war Schluss. Anfangs, wo die ersten Bomben geworfen sind, das muss ich noch sagen, da ist sofort das Licht ausgegangen. Und dann war ja alles ganz dunkel. Und das war ja nicht breit und nicht hoch, manchmal da konnte ich mich strack stellen, manchmal da war es ein bisschen höher, manchmal da musste ich mich ein klein bisschen krümmen, dass man durchkam. Und da war das Licht aus, war alles dunkel. Na ja, dann hat das eine ganze Zeit gegangen. Auf einmal kamen vom Mehlers Eingang die Leute und wollten hinten raus, weil beim Mehler Eingang da Bomben waren, und da konnten sie nicht vorne raus, und da wollten sie hinten die nach der Krätzbach [Richtung Künzell] zu. Und wo die kamen, wir wussten ja nicht, was eigentlich war, wie wir jetzt verschüttet waren. Und so wie das war, wussten wir ja kein Mensch, weil Telefon ging ja nicht mehr in dem Moment, wo das Licht aus war. Und da kamen die dann, und da war der ganze Gang, der war jetzt auf einmal voller Leute. Und da weiß ich noch, wie ich die Hände so gegengestübbt habe gegen die Leute. Und da habe ich gedacht, und da ist der Kopf runter, und da habe ich gedacht: Und jetzt muss ich sterben. Da war die Luft fort, und da war es aus.

1.4 Erwachen aus der Bewusstlosigkeit

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Und dann, wie ich wieder so allmählich zu mir gekommen bin, das ist so, wie wenn man nach der Operation, so nach der Betäubung, so wenn man da wieder zu sich kommt, so ist das ungefähr auch. So bin ich dann zu mir gekommen. Erst mal ein bisschen und dann scheinbar schon wieder ein bisschen dahingeduselt. Auf jeden Fall, wie ich zu mir kam, da haben die Beine, da haben vor und hinter den Beinen, hat was gelegen. Da habe ich gefühlt. Da hatte ich erst eine Hand hier hinterm Gelenk so am Arm hinterm dem Handgelenk grad, und die war noch warm. Ja, habe ich eben gedacht noch: Was gibt es jetzt? Was soll es jetzt geben? Was machen wir jetzt? Und dann sind wir – so und dann habe ich erst einmal ein Bein mit beiden Händen angefasst und habe es hoch gezogen, hab es oben drauf gelegt. Und nach einiger Zeit drauf das andere hoch gehoben, dann herausgezogen, wieder oben drauf gelegt. Und dann hatte ich wieder mal eine Hand auch wieder so hinterm Handgelenk am Arm, und die war kalt. Aber ich weiß ja jetzt nicht, ob ich dieselbe Hand hatte, das kann ich nicht sagen, weil es ja dunkel war. Dann habe ich gedacht: Na was ist, die sind ja schon tot. Die kalten Hände sind ja schon tot. Und da habe ich gerufen. Neben hüben und drüben saß eine, die hieß Hilde. Und hat kein Mensch eine Antwort gegeben, gar nicht keine Antwort mehr, nichts, gar nichts. Und dann eine Zeit später, wie lange, das weiß ich ja nicht, habe ganz von der Ferne, habe ich Leute hören sprechen. Und da habe ich auch gerufen, aber mich hat keins gehört.

1.5 Platzwechsel

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Und dann auf einmal kamen so ein paar auf Händen und Füßen gekrochen über die Toten hin, und da habe ich gesagt: „Nehmt mich doch mit.“ Und da haben die gesagt: „Ja, da musst du mitkriechen.“ Aber ich konnte nicht. Ich konnte nicht kriechen. Und da sind die aber bloß ein Stück weit vor, und die hatten eine Taschenlampe. Ein Stück weit vorgekrochen und haben, da sicher auch …

Interviewer: Richtung Mehler jetzt?

Ja, Richtung Mehlers sind die gekrochen. Haben sicher Bekannte gesucht. Dann kamen sie wieder zurück. Habe ich gesagt: „Nehmt mich doch mit.“ Haben sie gemacht. „Ja, du musst genau so kriechen wie wir. Musst oben drüber kriechen wie wir auch.“ Und da bin ich dann mitgekrochen, bis die nächste, bis die an ihren Platz wieder kamen, und da haben dann mehr noch gelebt. Sonst bei mir da war alles, alles tot. Alles tot. Also da hat sich überhaupt nichts mehr geregt.

1.6 Warten auf Rettung

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Und da bin ich dann mit denen, habe ich mich auch bei die gesetzt. Da waren noch ein paar Plätze. Und da lagen aber auch noch Tote, aber nicht mehr so viele, ein bisschen vereinzelt dann. Dann haben mehr hüben und drüben gesessen, und na ja, da haben wir eben gewartet. Und Durst hatten wir ja wie nur was, Hunger nicht, aber Durst, Durst, weil wir ja gar keine Luft, war ja alles trocken, wir kriegten ja gar keine Luft. Auf einmal, da haben wir dann gehört wie es von draußen – erst haben wir gemerkt, wie wir Sauerstoff reinkriegten. Das ist, als wie wenn´s so richtig schwülwarm ist und es kommt so ein ganz feiner, so ein richtiger sauberer Regen, so, so Sauerstoff hatten wir. Das haben wir so richtig gemerkt, wie das reinkam. Nun ja, und dann haben wir wieder – und wie sie geklopft haben draußen, das haben wir auch gehört. Und dann, na ja, da wird so gesprochen, eins so, das andere so. Und ja auf einmal, das hat dann gegangen, bis auf einmal kamen von Mehler her Soldaten. Und da haben sie gerufen von Ferne schon, und dann kamen auch von wo es in der Mitte vom Bunker – von dem Ganzen in der Mitte – ungefähr da war auch runter gebrochen. Da war auch eine Bombe oder zwei drauf. Also, die haben ja gesagt, es wären zwei eigentlich noch. Aber ich weiß ja nicht. Auf jeden Fall, da war das zu, und da bei Mehlers war zu. Und wir da dazwischen. Wir waren also eingeschlossen. Und die anderen, wo hinten nach Krätzmühle [zu Bachmühle], Krätzbach zu, also Krätzmühle [Bachmühle] zu gingen, die waren ja frei.

Interviewer: Die konnten raus!

Die konnten hinten ja raus. Aber wir, wir waren jetzt vollkommen eingeschlossen. Vorne Mehler und da in der Mitte.

1.7 Die Rettung

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Und dann kamen auch da von daher Soldaten. Die hatten auch so ein Loch gegraben.

Interviewer: Kamen von beiden Seiten jetzt her.

Ja, und die haben gesagt dann: „Wie ist es da hinten?“ Und da haben die gerufen: „Ja, hinten geht´s.“ Und die anderen haben gerufen: „Da geht hinten durch.“ Vorne, da haben die Leute gelegen, haben bis oben ganz hoch auf jeden Fall. Und da käme man nicht durch. Ach manche, die hatten ja auch die Toten jetzt, die hatten ja so gesessen, die Beine gerade und so, hatten Tote drauf liegen. Die haben, ach die haben ja gewimmert vor Schmerzen. Wenn man da … . Die konnten ja nicht. Da hat es erst geheißen, wo die Soldaten kamen, die hatten dann große Scheinwerfer, dann sah man ja richtig das Elend wie die, na ja …

Interviewer: Na ja, erzählen Sie nur ruhig.

Wie die Gesichter so aufgedrungen waren und also, da haben wir erst mal so richtig gesehen wie Elend, was für Elend das da drin war. Und dann sind wir so, und dann hat es erst … Erst haben die Soldaten gesagt: „Wir tuen erst die raus, die wo da verletzt sind.“ Und so die, wo so nicht konnten. Und andere sagten wieder: „Nein, erst kommen die raus, wo nichts haben, dass geht ja viel schneller. Und die Verletzten tun wir zuletzt raus. Weil das ja länger dauert.“ So, wir konnten ja immer noch auf allen Vieren kriechen. Und vor dem Loch, wo es durchging, und da lag ein Mann, und der war bis hier so zur Mitte, war der verschüttet. Also vom Kopf bis so hier bis zur Mitte zum Bauch, da war der verschüttet. Und das andere war noch frei, so lag der da. Weiß ich bloß – da hab ich – dann ging es nicht mehr auf allen Vieren, dann ging es nur noch auf dem Bauch. Nur noch am Bauch mussten wir [kriechen], als wie wenn so ein Drainagerohr ist.

Interviewer: Und das Loch hatten die von draußen gegraben?

Ja, aber [war] kein Rohr drin und gar nichts.

Interviewer: Und da haben sie auch durchgeleuchtet mit den Scheinwerfern?

Gar nichts, gar nichts. Ich weiß bloß, ich habe mich so auf den Bauch gelegt und da habe ich zu dem Soldat gesagt: „Wie weit geht denn das?“ – „Ach ja, das ist ein Meter.“ Und da dabei haben sie dann aber gesagt, mindestens drei Meter wäre es gewesen. Da musste man sich auf den Bauch legen und musste mit den Armen so als wie wenn man so …

Interviewer: Durchrobben

… durch die Drainagerohre würde kriechen. Also von wegen – also wir mussten nur mit dem Bauch, so mussten wir uns durchschaffen.

Interviewer: Wo waren denn die Scheinwerfer her gekommen?

Nein, das waren ja nur größere Taschenlampen, wollen wir mal sagen, so Stablampen oder so was, das war ja für uns schon großes Licht, weil wir ja, weil es bei uns ja stockdunkel da drin war. Aber kein [Scheinwerfer] hier, so was hatten die nicht, richtige große Taschenlampen, und die hatten die mit reingebracht.

Interviewer: Also die Soldaten, die von draußen reingekommen waren.

Nehme ich an, dass die große Taschenlampen mit reingebracht haben. Sonst kein so großes Licht war ja nicht da, das war ja nicht da. So Taschenlampen und so Zeug hatten die Soldaten jetzt.

Interviewer: Und mit den Bohlen – der Krätzbach war doch abgedeckt mit Bohlen.

Mit Bohlen, ja.

Interviewer: Ist da irgendwas aufgebrochen worden?

Also so lang wie ich weiß da nichts davon. Aber ich habe dann später gehört, also dass die Leute im Wasser gelegen hätten, teils.

Interviewer: Aber sie haben da nichts mit …

Also, ich habe da nichts mitgekriegt, ich weiß nichts. Also, wo wir da jetzt raus sind, und da waren die Bohlen noch ganz und da war noch alles in der Reihe. Allerdings war ja das Loch …

Interviewer: Jetzt erzählen sie da mal weiter.

2. Wieder in Freiheit

2.1 Endlich etwas zum Trinken

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Und na ja, dann bin ich da durchgekrochen und noch eine von Margretenhaun und eine von Großenlüder. Eine von Großenlüder, ja. Wo wir da jetzt aus dem Loch rauskamen, da waren wir ja noch im Bunker, da kamen gleich zwei Mann, und die haben uns geführt zu zweit hüben und drüben eins. Und da ging es ein Stückchen weiter, und da durften wir erst einmal trinken, weil wir ja furchtbar Durst hatten. Die Flasche angesetzt und sofort wieder abgenommen bekommen, sonst hätten wir ja zu viel getrunken, wir wären ja draufgegangen. Und dann haben sie uns erst einmal hingesetzt, da im Bunker wieder. Und dann hat ein Mann uns dann wieder weitergeführt. Und dann ging´s raus.

2.2 Wartende Angehörige

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Wo wir draußen waren, da hat der erst gefragt: „Wie heißt du?“ Und da hat er lauter Namen gerufen, weil ja Angehörige da waren, ein Haufen Leute. Hinten, das war an der Krätzmühle [Bachmühle]. Und also von uns dreien war keins da. Allerdings mein Bruder war drin [in Fulda] gewesen, am Abend, aber der ist dann heim. Der hat gesagt: „Also die leben noch, die haben – man hört sie.“ Weil das ja geklopft hat und so, und da leben noch welche, und dass es da rein ging, das wusste er. Aber so weiter – und da war von uns alle drei, wo wir zusammen raus sind, war ja keiner da. Aber dann kamen andere Mädchen, die wo ich auch gekannt habe, wo auch drin geschafft haben. Der eine ihre Schwester, die hat neben mir gesessen, und die kam dann und fragt: „Wie ist es denn da drin, lebt die Sophie noch?“ Habe ich gesagt: „Ja, ich weiß nicht.“ Ich habe keinem gesagt, was da drin überhaupt los war. Das konnte ich ja gar nicht, ich konnte ja nicht sagen, die ist tot oder die lebt noch, weil ich ja sicher ich wusste, dass neben mir keins mehr lebt, aber ich war ja eine Zeit lang bewusstlos, da weiß ich nicht, was in der Zeit, was da passiert ist, das weiß ich ja nicht.

Interviewer: So und dann waren sie draußen und hat man sich dann weiter um sie gekümmert, oder?

Da waren wir draußen, dann kam so einer.

Interviewer: Es war dunkel mittlerweile, es war jetzt schon …

Ja, da war es ja schon – ich bin um 12.00 Uhr heim gekommen. Punkt 12 war ich in Marbach am Bahnhof unten. Und das war ja schon längst dunkel, wo wir rausgekommen sind. Ja, und da kam einer und sagten sie dann, das war der Ehser [Bürgermeister von Fulda und NSDAP-Kreisleiter]. Der hat gefragt, was da drin los war. Und später haben wir dann gehört, also das war dann der Ehser, wo mich gefragt hat, habe ich gesagt: „Na ja, da sind viele Tote drin.“ Und sonst – ich kannt den Mann ja nicht. Aber gehört habe ich dann, er hätte gesagt, wir machen ein Massengrab und machen zu und machen ein Massengrab daraus. Aber das – wer da dann das ganze [gesagt] hat, das weiß ich nicht.

2.3 Der Heimweg

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Auf jeden Fall war ich dann draußen und dann – also ich und die anderen beiden, die bei mir waren, die wussten ja alle miteinander nicht, wo Bachmühle war. Die eine, die war ja von Bronnzell, die ist ja dann in die andere Richtung gegangen. Auf jeden Fall, die eine war von Margretenhaun und ich, wir zwei wir wussten ja überhaupt nicht, wo wir waren. Bachmühle, das kannten wir ja alles nicht. Weil wir hatten das ja noch nie gehört und gesehen – Bachmühle – wir wussten überhaupt nicht, wo wir hingehen mussten. Und dann waren ja Soldaten da oben von der 88er Kaserne, die waren da ja bei, und mit denen sind wir eigentlich dann gegangen, die haben dann gesagt: „Geht mit uns bis da oben zur Kaserne und dann bis bei die Gummi.“ Und die Gummi hatten sie ja auch damals, meine ich, bombardiert, ich meine. Und dann sind wir dann mit denen bis dahin, und dann wussten wir Bescheid, wo wir hingehen mussten.

Interviewer: Die Künzeller Straße dann in die Stadt rein.

Nein, wir sind die Künzeller Straße, wir sind nach der Florengasse zu sind wir, und dann die Florengasse runter. Beim Alten Friedhof sind wir quer – ist das die Friedensstraße? – da sind wir quer nach der Florengasse, sind dann die Florengasse runter. Und was das Schönste war dabei – wir zwei, wir waren da so verdutzt, wir wussten da gar nicht, jedes Mal, wenn uns Menschen entgegen kamen, haben wir gefragt: „Marbach oder Margretenhaun?“ Und da sind wir gekommen bis unten „Zum Löwen“ ist das, und da kamen zwei Männer mit Fahrrädern. Und da hat man wieder gefragt, und da haben die gesagt: „Nein, von Dipperz.“ Und da hat die eine gesagt: „Oh, da hab ich’s, zwei Mann.“ Und dann sind wir erst in die Bahnhofstraße hoch und bei vorne nach Kerbers zu – da war ja das neue noch nicht – auf jeden Fall die Rabanusstraße da vor und nach dem Bahnhof. Und da haben wir der einen der anderen ihre Schwester – die war da im Haushalt -, der haben wir erst gerufen, dass die wusste, dass die noch lebt. Dann sind wir weiter. Und dann bis da oben in der Bahnhofstraße da – früher war der Gutberlet da oben und Bamberger – und wie die da alle hießen, die Geschäfte da. Da kam ein Soldat und der fragt: „Wo ist denn hier der Bahnhof?“ – „Bahnhof? Das ist ja kaputt.“ Der kam von Bronnzell gelaufen, der musste auch raus an die Front wieder. Und der sagte: „Bei der Kerzenfabrik [fährt der Zug ab].“ Sagte ich: „Ja, das weiß ich, wo die Kerzenfabrik ist.“ Das war die Eika. Und jetzt hatte ich aber Angst vor dem. Und da hat die andere gesagt: „Ach, du bist verrückt, du brauchst doch vor dem keine Angst zu haben. Wer wird dir denn was tun jetzt noch.“ Und auf jeden Fall, die sind dann bei dem – Wie heißt das? – nach dem Schlossgarten, nein, nein, Schlossgarten nicht, nach der Ochsenwiese zu, danach Zieherser Weg sind die hoch dann nach Dipperz und dann nach Margretenhaun. Und wir sind dann nach der Wachsfabrik. Und dann sind wir – ach, es hat eine ganze Zeit gedauert – und da stand dann ein Zug, und der ist ja dann auch gefahren. Wo ich in Marbach dann war, da hat es 12 geschlagen.